Foto leckere Kamenzer Würtschen

Geschichte - Von Fleischbänken und Garküchen

historischer Marktplan
historischer Marktplan

In Kamenz bildeten die Fleischer zusammen mit Tuchmachern, Schustern und Bäckern die so genannten vier großen Handwerke. In historischen Dokumenten wird bereits 1248 von einem Kamenzer Fleischmarkt und 1358 von Fleischbänken in Kamenz berichtet. Ende des 14. Jhs. und zu Beginn des 15. Jhs. dürfte es fünf Fleischer in Kamenz gegeben haben. Eine weitere Bestätigung für die Existenz der Zunft der Fleischer ist die Kamenzer Fleischerordnung von 1587. Sie regelte, wer Meister werden oder wie eine Fleischerwitwe das Handwerk aufrecht erhalten konnte sowie die Pflichten der Keuler (Fleischhauer). Während in den ersten Jahrhunderten das Fleisch von ortsansässigen Stadtbauern bezogen wurde, kam es später auch aus den Dörfern um Kamenz. Ende des 18. Jhs. gab es vermutlich 15 Fleischer in der Stadt. Das bedeutete, dass ein Fleischer rund 130 Personen versorgte.

Postkarte der Fleischbänke
Postkarte der Fleischbänke

Die sogenannte Garküche ist ein wesentlicher Bestandteil der Zunft der Fleischer und war Vorläufer der modernen Gastronomie. Ihr Name leitet sich vom römischen Standardgewürz Garum ab. Der Begriff »Garküche« stammt aus dem 15. Jahrhundert, als einfache und vor allem preiswerte Speisen anboten wurden. Sie befanden sich vorwiegend in der Nähe der Rathäuser, um die Ratsstuben mit Speisen zu versorgen. Am 25. Mai 1757 erhielten zehn Fleischbankbesitzer durch den Rat der Stadt Kamenz die Zulassung für die Garküche, die sie abwechselnd betrieben.
Am 12. August 1843 fand die Grundsteinlegung zu den heutigen Fleischbänken statt.
Das Erdgeschoss zeigt eine regelmäßige Reihung von 17 Feldern. Das Äußere erinnert an Formen der italienischen Renaissance. An den Innenbögen sind heute noch die Fleischerhaken sichtbar.

Fleischhauermeister Carl Mierisch, sen.
Fleischhauermeister Carl Mierisch, sen.

Fleischhauermeister Carl Heinrich Mierisch war Mitte des 19. Jahrhunderts Pächter der Kamenzer Garküche. Dort kreierte er die Rezeptur für die ersten Kamenzer Würstchen, die er erstmals auf dem Kamenzer Forstfest im Jahr 1859 zum Verkauf anbot. Die Würste entstanden eher aus der Not heraus, da er zu diesem Zeitpunkt viel Fleisch vom Rind und Schwein übrig hatte. Die Knackwurst besteht etwa aus zwei Dritteln Rindfleisch und einem Drittel durchwachsenem Schweinefleisch, dass der Fleischer unter anderem mit den typischen Gewürzen wie Salz, Pfeffer, Kümmel, Paprika und Zwiebel versah, die das »Gamenzer Gnackwärschdl« ausmachen.

 

historische Garküche/ Fleischerei
historische Garküche/ Fleischerei

In historischen Dokumenten ist viel über Innungsälteste und Obermeister zu erfahren. Über Obermeister aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg bis in die Anfangsjahre der DDR ist nichts bekannt. Später waren dann Gustav Mager und der Jesauer Fleischermeister Bulling die Innungsobermeister. Zu DDR-Zeiten besaß Walter Minkwitz die Funktion des Obermeisters. In dieser Zeit wurde der Anteil des teureren Rindfleischs reduziert, sodass das Verhältnis zum Schweinefleisch  meist bei 1:1 lag. Außerdem wurde auf die ebenfalls teureren Saitlinge zu Gunsten der günstigeren Schweinedärme verzichtet. Nach 1989 wurde wieder nach der originalen Rezeptur produziert. Da immer mehr Fleischereien, auch außerhalb von Kamenz, die Würstchen produzierten und dabei teilweise die Rezeptur verändert wurde, ließ der 2009 gegründete Kamenzer Fleischerverein e. V. unter Mitwirkung der Stadt Kamenz das Rezept sowie die Marke Kamenzer Würstchen rechtlich schützen.

Heute zählen Kamenzer Würstchen mit Kartoffelsalat in der Region Kamenz zu den traditionellen Gerichten, die z. B. an Heiligabend zubereitet werden.